Die vier wichtigsten Verhandlungsstrategien

Für eine erfolgreiche Verhandlung spielt die Wahl der richtigen Strategie eine wichtige Rolle. Nein, mehr: Die Strategie ist sogar entscheidend.

Wie finde ich die beste Strategie für meine Verhandlung? Die professionelle Verhandlungsführung unterscheidet vier verschiedene Verhandlungsstrategien: Druck, Partnerschaft, Ausweichen und Nachgeben. Diese Strategien geben die Richtung vor für das Vorgehen in einer Verhandlung. Umgesetzt werden sie dann mittels einzelner Taktiken. Schauen wir uns die vier wichtigsten Verhandlungsstrategien einmal genauer an.

Die Verhandlungsstrategie Druck

Konkret sieht das wie folgt aus: Druck als Verhandlungsstrategie kann beispielsweise mit der Taktik „Drohen“ umgesetzt werden. Ich drohe dem anderen Konsequenzen an. Wenn nicht, dann aber! Oder Wettbewerb: Sobald Sie einen möglichen Wettbewerber erwähnen, ist das Druck für ihren Verhandlungsgegner. Was glauben Sie, wie oft ich schon Rabatt im Elektrohandel bekommen habe, nur weil ich ein Inserat des Wettbewerbers dabei hatte. Das geht schneller und einfacher, als man glaubt.

Vom Verhalten her wird man bei der Strategie Druck aggressiv. Lauterer Ton, klare Worte und entsprechende Körpersprache signalisieren dem Gegenüber, dass mit Ihnen nicht zu spaßen ist. Wenn man im Restaurant zum x-ten Male den Finger oben hat, der Kellner einen aber immer noch geflissentlich übersieht, dann hilft ein „Bekomme ich heute noch die Gelegenheit, ein zweites Bier zu bestellen?“ im entsprechenden Ton und ruckzuck steht das lang ersehnte Bier vor mir. Der Wechsel dann auf „Partnerschaft“ und ein freundliches „Danke“ oder „Geht doch, warum nicht gleich so“ lässt den Kellner sicher Ihren Tisch aufmerksamer in den Augen behalten.

Druck ist eine Methode, die wir häufig und in den verschiedensten Lebenslagen anwenden. Ein kleines Beispiel aus meinem Privatleben: Ich war mit meiner Tochter Paula zum Einkaufen im Supermarkt. Wir hatten alles nötige im Wagen und ich stand schon an der Kasse, während Paula noch in den Gängen umherflitzte.
Als sie zurückkam, hatte sie vier Dinge dabei: ein Überraschungsei, Kaugummi, ein Schleichpferd und ein Heftchen. Und natürlich wollte sie alle vier Dinge haben. Ich hingegen wollte ihr nichts davon kaufen.
Nun ging es ans Verhandeln. Und Paula kann sehr hartnäckig sein. Sie wählte also die Strategie Druck und sagte: „Ich will das haben.“ Ich hingegen, es war Freitagmittag, war ein bisschen müde. Was glaube ich, wer die Macht und den Geldbeutel hat? Ich. Was antwortete ich ihr also? „Nein.“ Daraufhin erhöhte Paula den Druck und fing an, Theater zu machen.
Jetzt hätte ich sie auf der Stelle schnappen und unter dem Arm schreiend raustragen können. Kein Problem. Wenn nicht dummerweise so viele Leute um uns herum gestanden hätten, die mich vielleicht kennen und wissen, der Verhandlungsexperte verliert gerade eine Verhandlung. Oder er verhält sich ungeschickt.
Was waren also meine Alternativen? Ich gebe nach. Paula gewinnt. Ich weiche aus und sage: „Beim nächsten Mal.“ Das nimmt mir die Paula nicht ab. Selbst der Kompromiss, wenn ich sage, „zwei kriegst du statt…“ Beim nächsten Mal kommt die mit acht und kriegt vier und hat wieder gewonnen.
Das heißt, hier war die beste Möglichkeit zu kooperieren und zu sagen: „Hey lass uns doch mal miteinander reden.“ Jetzt kommen wir zu einem Grundproblem dieser Verhandlung. Paula hatte eine Forderung von vier, und meine Gegenforderung war null. Bei einer Gegenforderung von null kann eine Verhandlung nicht für beide erfolgreich ausgehen. Das heißt, um hier überhaupt in die Verhandlung einzusteigen, musste ich ebenfalls eine Gegenforderung von vier aufmachen. Die hieß dann: Tisch abräumen, Zimmer aufräumen, mit dem Hund Gassi gehen, Blumen gießen. Da hat Paula schon von selbst gesagt, dass sie zwei Dinge nicht braucht, denn mit dem Hund gehen und Gießen, das würde sie nicht machen. Und so konnte ich eben sagen: „Hey, wenn du dein Zimmer aufräumst, bekommst du das Überraschungsei.“ Das heißt, sie bekam etwas und ich bekam etwas.

Auch Zeitdruck ist ein probates Mittel des Druck-Machens. Und besonders in Kombination mit der Erwähnung eines Wettbewerbers.
Emotionaler Druck klappt auch sehr häufig. Viele gerissene Verhandler setzen auf diese Karte und versuchen mit den ausgelösten Emotionen ihre Ziele zu erreichen.

Sie sehen, Taktiken der Verhandlungsstrategie „Druck“ zielen oft darauf, etwas gegen den Willen des anderen zu bekommen.

Mir hilft bereits eine schöne Tasse Cappuccino, um mich wohl zu fühlen, ein Lächeln, ein freundliches Wort.

Die Verhandlungsstrategie Partnerschaft

Die Basis für die Verhandlungsstrategie „Partnerschaft“ ist, etwas gemeinsam erreichen zu wollen. Dazu hilft es ungemein, wenn man erst mal weiß, wo der Andere steht und was seine Wünsche sind. Fragen stellen und – ACHTUNG – zuhören sind dabei hilfreiche Werkzeuge: Berührungspunkte erarbeiten, eine gemeinsame erfolgreiche bisherige Vergangenheit oder die Beziehung hervorheben.
Mir hilft bereits eine schöne Tasse Cappuccino, um mich wohl zu fühlen, ein Lächeln, ein freundliches Wort. Dem anderen genügend Zeit geben und sich selbst Zeit nehmen. „Einen Moment mal, ich schalt mein Handy auf lautlos, damit wir uns in Ruhe unterhalten können“, signalisiert dem anderen, dass man ganz für ihn da ist.
Eines der geheimen Zauberworte, auf welches ich immer reagiere, ist Wertschätzung. Ein freundliches „Bitte“ gefolgt von einem „Danke“ macht es mir oft schwer „Nein“ zu sagen.

Die Verhandlungsstrategie Ausweichen

Wann wähle ich die Strategie „Ausweichen“?

Dafür gibt es unterschiedliche Anlässe. Ein Grund kann sein, dass mir jemand eine Verhandlung aufs Auge drücken möchte, die ich aber nicht möchte. Ein erfahrener Verhandler weicht aber auch dann aus, wenn er zum jetzigen Zeitpunkt für die Verhandlung schlecht vorbereitet ist, aber in drei Wochen schon viel besser. Das ist ungefähr so, wie wenn Sie einen Fünf-Kilometer-Lauf absolvieren sollen, aber dafür noch keinen Schritt trainiert haben. In drei Monaten sind Sie mit etwas Vorbereitung mit Sicherheit viel besser in der Lage, ein gutes Ergebnis zu erreichen als heute.
Ein weiterer Grund für die Strategie „Ausweichen“ ist folgende Situation: Ich habe eine schlechte Ausgangsposition für eine Verhandlung und kann dabei nichts gewinnen. Hier empfiehlt es sich, solange wie möglich auszuweichen, um den dann möglicherweise entstehenden Schaden eben so lange wie möglich zu vermeiden.

Diese Strategie benutzte beispielsweise Verona Pooth, damals Feldbusch, vor ihrem Fernsehduell mit Alice Schwarzer bei Johannes B. Kerner vor ein paar Jahren. Das Dummchen der Nation gegen die Monopolistin auf dem Gebiet der Emanzipation und Frauenrecht. Verona hatte im Vorfeld keine Chance im verbalen Duell mit Alice Schwarzer. Letztere ist Herausgeberinder Zeitschrift EMMA und gewohnt, virtuos mit Worten umgehen zu können. Beim Austausch sachlicher Argumente hätte Alice Schwarzer also ganz klar Vorteile gehabt.
Verona wählte daher zunächst die Strategie „Ausweichen“ und wurde “krank”. Die Debatte wurde drei Wochen nach hinten verschoben. Diese Zeit nutzte Verona, um sich mit ihrem Team intensiv vorzubereiten. Sie analysierte sämtliche Argumente der Schwarzer und suchte sich für jedes ein Gegenargument aus.

Im Laufe der 70-minütigen Diskussion nutzte Verona ihre Vorbereitung und setzte sie mit der Verhandlungsstrategie Druck äußerst geschickt um. Bildlich gesprochen, hatte sie sich einen Köcher mit hunderten von Pfeilen präpariert und verlinkt mit dem entsprechenden Stichwort der typischen Argumentation von Alice Schwarzer. Mal war sie aggressiv, mal unfair und mal laut und manchmal trieb sie Alice Schwarzer mit verwirrenden Wortspielen in die Enge. Wann immer das Stichwort kam, trafen Veronas Pfeile ins Schwarze. Weil die Strategie das Ausweichens und Aufschiebens ihr die Chance zu einer sehr guten Vorbereitung gegeben hatte und sie dann verstand, Druck aufzubauen. Und das Dummchen der Nation schaffte es zu siegen – gegen einen der brillantesten Köpfe Deutschlands.

Die Verhandlungsstrategie Nachgeben

Als letztes gibt es nun noch die Strategie „Nachgeben“. Dazu gibt es nicht viel zu sagen, denn ihre Umsetzung ist klar. Wann sollte man nachgeben? Wenn die Konsequenzen des Standhaft-Bleibens schlimmer sind als nachzugeben. Oder wenn Sie alles erreicht haben. Dann können Sie entspannt großzügig sein.

Welche der vier wichtigsten Verhandlungsstrategien bevorzugen Sie? Oder haben Sie noch weitere Tipps und Taktiken? Hinterlassen Sie mir einen Kommentar.