Manipulation in Verhandlungen: 6 Taktiken, um sich zu wehren

Manipulation ist in Verhandlungen nicht selten: Fast immer versucht eine Seite, die andere zu manipulieren. Mal mehr, mal weniger offensichtlich. Vielleicht versuchen Sie ja selbst immer wieder, Ihre Gesprächspartner so zu beeinflussen, dass sie sich zu Ihren Gunsten entscheiden. Oder Sie sind strikt gegen Manipulationen jeder Art und sagen, dass Sie mit manipulativen Techniken nichts zu tun haben wollen, weil sie lieber offen und ehrlich mit Ihrem Gegenüber umgehen.

Was aber, wenn ich nun behaupte, dass wir alle in jedem Gespräch unsere Gesprächspartner beeinflussen? Sicher wollen Sie dann zumindest wissen, wie Sie manipuliert werden und vor allem, was Sie dagegen tun können!

Was ist Manipulation?

Manipulation ist die gezielte und verdeckte Einflussnahme auf andere. Sie umfasst also sämtliche Prozesse, die auf die Steuerung des Erlebens und Verhaltens von Einzelnen und Gruppen zielen und diesen verborgen bleiben sollen.

Manipulationstechniken sind äußerst vielfältig. Wortwahl, Stimme, Mimik und Gestik haben auf andere Menschen immer einen Einfluss, dem sich niemand entziehen kann: Jede Information, die in meinem Gehirn ankommt, ob ich sie nun bewusst oder nur unbewusst wahrnehme, ist mit einer bestimmten Bedeutung aufgeladen. So werden immer bestimmte Denkprozesse ausgelöst.

Das Gleiche gilt auch für die Kleidung, den Verhandlungsort und sogar für die vorgesehene Verhandlungsagenda. Genau genommen dient jede Strategie oder Taktik in einer Verhandlung der Manipulation. Auch Fragen, insbesondere Alternativ- oder Suggestivfragen, oder der bewusste Wechsel zwischen der Mikroebene und der Metaebene sollen andere in unserem Sinne beeinflussen.
Insofern wird es keine Verhandlung geben, in der nicht beide Seiten versuchen, den Verhandlungspartner in ihrem Sinne zu beeinflussen, also zu manipulieren. Manipulation ist also nicht im Grundsatz schlecht und verwerflich. Wichtig ist nur, dass man zwischen fairer und unfairer Manipulation unterscheidet.

Für mich bedeutet Manipulation eben nicht, einen anderen unter Vortäuschung falscher Tatsachen dazu zu bringen, etwas zu tun, was er nicht will. Denn das ist Betrug.

Muss man wirklich manipulieren?

Ich sage ganz provokativ: Man muss manipulieren und berechnend sein, um seine Ziele zu erreichen. Mit dieser Aussage appelliere ich keineswegs an irgendwelche niederen Instinkte, weil sowohl Manipulationsfähigkeit als auch Berechnung nicht gerade zu den bevorzugten Charaktereigenschaften in unserer Gesellschaft gehören. Für mich bedeutet Manipulation eben nicht, einen anderen unter Vortäuschung falscher Tatsachen dazu zu bringen, etwas zu tun, was er nicht will. Denn das ist Betrug.
So zum Beispiel, wenn ich an einer Haustür klingele und der älteren Dame dort erzähle, dass ich für einen Tierschutzverein Geld sammle. Wenn sie schon nichts spenden wolle, könne sie mir doch bitte wenigstens bestätigen, dass ich sie aufgesucht habe. Und plötzlich hat die Dame ein Zeitschriftenabo für die nächsten zehn Jahre abgeschlossen.

Wie sieht es aber in folgendem Fall aus? Ein Staubsaugervertreter kommt ins Haus und zeigt dem Kunden, wie toll das neueste Gerät seiner Firma Schmutz aller Art aus dem wunderschönen Teppich im Wohnzimmer entfernt. Redegewandt schildert er die Vorteile seines Produktes und weckt dadurch den Wunsch, das Gerät zu kaufen, denn es entspricht genau dem, was der Kunde schon immer insgeheim haben wollte. Nun, in diesem Fall haben wir es wohl eindeutig mit Manipulation zu tun, denn der Kunde wäre von sich aus wahrscheinlich nicht auf die Idee gekommen, sich einen neuen Staubsauger zu kaufen.
Aber was wir an dieser Stelle auch festhalten müssen: Im Prinzip ist jede Form von gezielter und an der Zielperson orientierter Kommunikation eine Manipulation. Jeder Verkäufer handelt schließlich gezielt so, dass sich der Gesprächspartner in einer Weise verhält, die im Idealfall für den Verkäufer günstig ist.

Ähnlich wie Manipulation hat auch berechnendes Handeln einen faden Beigeschmack. Berechnend zu handeln, wird damit gleichgesetzt, einen anderen Menschen in eine Falle zu locken und ihn etwas tun zu lassen, was er nicht will. Für mich bedeutet Berechnung jedoch eher Vorhersehen. Wie ein Schachspieler kalkuliere ich Züge im Voraus. Ich berechne, wie der Gegner auf meinen Zug reagieren wird, was ich als nächstes tun werde und was er dann wieder tut. Denn nur so überlässt man die Ereignisse nicht dem Zufall und kann Ziele erreichen.

Dazu gehört es dann auch, die verschiedenen Verhandlungsstrategien nicht nur zu beherrschen, sondern sie auch im Sinne einer vorhersehbaren Wirkung und einer absehbaren Reaktion einzusetzen. Wenn jemand lieber mit einer jungen Frau verhandelt als mit einem älteren Mann, und ich muss nicht erwähnen, dass es auch genau die umgekehrten Situationen gibt, dann sollte man einfach dafür sorgen, dass die eigenen Interessen durch die richtige Person vertreten werden. Natürlich ist das berechnend und auch manipulativ, aber schadet es dem Gegenüber? Im Idealfall soll eine Verhandlung eine Win-Win-Situation sein, von der beide Parteien mit einem guten Gefühl nach Hause fahren.

Es kommt immer darauf an, die Gesamtsituation einer Verhandlung gedanklich vorwegzunehmen. Das heißt nicht nur, dass ich die Zahlen, Daten und Fakten einer Firma kenne, sondern auch noch möglichst viele persönliche Aspekte meiner Verhandlungspartner. Ob ich mir dabei mit Typologie-Modellen helfe, die eine Persönlichkeitsstruktur erkennen lassen, oder ganz einfach allgemein zugängliche Informationen im Internet nutze, ist meiner Fantasie und Kreativität überlassen.

Sowohl bei der Vorbereitung einer Verhandlung als auch in der Verhandlung selbst kann es sehr sinnvoll sein, einen Perspektivwechsel vorzunehmen. Das kann bedeuten, dass Sie ihren Verhandlungspartner fragen: „Was würden Sie an meiner Stelle tun? Wie würden Sie das Problem aus meiner Sicht sehen?“ Noch besser ist es aber, aufzustehen und den Verhandlungspartner zu bitten, die Plätze zu wechseln.
„Nehmen Sie auf meinem Stuhl Platz und versuchen Sie, die Angelegenheit einmal aus dieser Perspektive zu betrachten“. Sie glauben gar nicht, wie groß die Wirkung eines solchen Rollenwechsels ist. Viele Verhandler haben dann zwar Sorge, dass man in ihre Unterlagen schauen könnte, doch das ist meist unbegründet.
Wer bereit ist, die Perspektive zu wechseln, ist plötzlich so sehr auf seine neue Rolle fixiert, dass er die alte vergisst. Plötzlich befindet er sich in einem vollkommen anderen Spiel, und es wird ihm nur sehr schwer gelingen, sich davon wieder freizumachen, auch wenn es ihm überhaupt nicht behagt.

So wehren Sie Manipulationen in Verhandlungen ab

Wenn Sie sich Manipulationsversuchen in einer Verhandlung ausgesetzt sehen, die Sie als unfair empfinden, empfehle ich allgemein folgendes Vorgehen:

1. Bleiben Sie sachlich und fair.

2. Bleiben Sie ruhig und gelassen.

3. Agieren Sie statt zu regieren.

4. Verfolgen Sie beharrlich Ihr Ziel.

5. Konzentrieren Sie sich auf konkrete Verhaltensweisen.

6. Bauen Sie Ihren Verhandlungspartnern eine goldene Brücke zu Ihren eigenen Zielen.

Nützt das alles noch nichts, zeige ich Ihnen im Folgenden sechs Kommunikationstechiken zur Abwehr von Manipulationen in Verhandlungen. Dabei sehen wir auch gleich, welche Methoden der Manipulation es gibt.

1. Der Präzisierungstrichter: fragen und zuhören.

Der Präzisierungstrichter ist besonders in folgenden Manipulationssituationen wirkungsvoll: Präzisionsfalle, Autoritätstaktik, Evidenztaktik und Garantietaktik. Was sind das für Taktiken?

Die Präzisionsfalle

Der Manipulator bedient sich statistischer Aussagen, die er nicht weiter belegt, zum Beispiel Prozentangaben, die er sich gerade eben ausgedacht hat. Lassen Sie sich davon nicht beeindrucken, sondern fragen Sie ganz gezielt nach den Quellen und kontern Sie im Zweifelsfall mit eigenen Angaben, die Sie im Rahmen Ihrer Vorbereitung ermittelt haben.
Verfügen Sie über keine entsprechenden Informationen, so sagen Sie dem Manipulator zu, seine Aussagen zu überprüfen und bei einer späteren Entscheidungsfindung mit zu berücksichtigen, wenn er seine Angaben nicht direkt belegen kann.

Die Autoritätstaktik

Der Manipulator bezieht sich in seinen Aussagen auf Autoritäten wie Experten oder Institutionen, um so seiner Position ein stärkeres Gewicht zu verleihen. Namhafte Wissenschaftler hätten in einer Studie bewiesen usw… Auch hier dürfen Sie sich nicht verblüffen lassen, sondern die konkreten Quellen ermitteln und selbst überprüfen.

Die Evidenztaktik

Der Manipulator stellt einen Sachverhalt als völlig klar und bewiesen hin. Meist benutzt er dann Formulierungen wie „Es dürfte klar sein, dass …“, „Es kann nicht geleugnet werden, dass …“, „Da sind wir uns doch einig, dass …“. Wenn etwas klar und bewiesen ist, wird man das auch belegen können. Also sollte man auch hier den Präzisionstrichter einsetzen, indem man so lange weiter fragt, bis man an die Quellen der Aussagen kommt oder bis das Thema von Manipulator freiwillig vom Tisch genommen wird.

Die Garantietaktik

Der Manipulator bürgt für die Richtigkeit seiner Behauptungen mit seinem persönlichen Ehrenwort. Er versichert Ihnen, dass Sie ihm glauben können oder dass es für ihn nicht die geringsten Zweifel gibt. Auch hier sollte man nicht aufhören, zu fragen, allerdings nicht, indem man auf die Beziehungsebene setzt und sein Ego angreift, sondern indem man strikt auf der Inhaltsebene bleibt.
Wenn jemand nicht die geringsten Zweifel hat, wird sich das ja irgendwo an Fakten festmachen lassen. Ein Autohändler, der nicht die geringsten Zweifel daran hat, dass der Wagen erst 60.000 km gelaufen ist, obgleich der durchgescheuerte Fahrersitz etwas anderes vermuten lässt, wird dies ja wohl anhand des Serviceheftes und der darin vermerkten Vertragswerkstatt belegen können.

Mit dem Präzisionstrichter bringen Sie Ihr Gegenüber also dazu, Sie nicht mit fragwürdigen Aussagen zu überzeugen, sondern diese wirklich zu belegen.

Stellen Sie sich dumm, wenn der Manipulator versucht, vom eigentlichen Thema abzulenken, wenn er Ihnen ein schlechtes Gewissen einreden will oder wenn er Sie überrumpeln möchte.

2. Ignorieren und Weitermachen

Eine andere Abwehrtechnik gegen Manipulation in der Verhandlung ist das Ignorieren und Weitermachen. Wenn der Manipulator sich zum Beispiel abfällig äußert oder sich betont desinteressiert und gelangweilt gibt, legen auch Sie eine Pause im Gespräch ein und stellen dann die Frage: „Sind Sie einverstanden, dass wir weitermachen?“ Oder bringen Sie einen betont konstruktiven Beitrag, auf den der andere auf jeden Fall reagieren muss.

3. Sich dumm stellen

Stellen Sie sich dumm, wenn der Manipulator versucht, vom eigentlichen Thema abzulenken, wenn er Ihnen ein schlechtes Gewissen einreden will oder wenn er Sie überrumpeln möchte. Tun Sie einfach so, als hätten Sie gar nicht verstanden, wovon er spricht, oder interpretieren Sie sein Verhalten einfach als Missverständnis.

4. Wiederholungen

Wenn der Manipulator versucht, vom eigentlichen Thema abzulenken und Nebenschauplätze zu eröffnen oder Sie nicht ausreden lässt, können Sie auch zum Abwehrinstrument der Wiederholungen greifen. Sagen Sie einfach immer wieder, was Sie wollen, worauf es Ihnen ankommt, was Ihnen wichtig ist und welche Fragen Ihnen noch nicht beantwortet worden sind.

5. Perspektiven wechseln

Wenn man Sie dadurch manipulieren will, dass man Ihre Wünsche einfach nicht versteht, wenn sich der Manipulator also stur stellt und auf seinem Standpunkt beharrt, dann setzen Sie die Methode des Perspektivenwechsels ein. Bitten Sie den Gesprächspartner, sich in Ihre Situation zu versetzen. So finden Sie wieder auf eine inhaltliche Ebene.

6. Aus der Situation heraustreten

Hat ein Manipulator bereits mehrere Manipulationsversuche unternommen oder sind seine Versuche besonders drastisch, zum Beispiel in Form von Beleidigungen oder persönlichen Angriffen, und war er mit anderen Methoden nicht zu stoppen, dann treten Sie zur Abwehr aus der Situation heraus. Unterbrechen Sie klar und deutlich das Gespräch und begründen Sie diesen Schritt. Fordern Sie Ihr Gegenüber klar auf, Ihnen zu erklären, wie es weitergehen soll. Alles brauchen Sie sich nicht gefallen zu lassen!

Fazit

Manipulation in Verhandlungen ist nicht per se schlecht. Denken Sie daran, dass Sie bei jedem Gespräch eine Wirkung bei Ihrem Gesprächspartner erzeugen – egal ob in einer Verhandlung, einem Meeting oder einem privaten Treffen. Versetzen Sie sich in Ihr Gegenüber hinein, um seine Perspektive zu verstehen und nicht unbeabsichtigte Reaktionen auszulösen.
Gleichzeitig müssen Sie sich nicht wehrlos der Manipulation in Verhandlungen aussetzen. Gehen Sie auf die Metaebene und analysieren Sie Ihre Situation. Versucht Ihr Verhandlungspartner gerade, Sie zu beeinflussen? Wie können Sie reagieren?
Die sechs wichtigsten Verhaltensweisen, um sich gegen Manipulationen in Verhandlungen zu wehren, sind:
1. Fragen und zuhören
2. Ignorieren und weitermachen
3. Sich dumm stellen
4. Wiederholungen
5. Perspektiven wechseln
6. Aus der Situation heraustreten